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Leistungskurs Geschichte besucht Kelkheimer Veranstaltung „Und jetzt?“ mit Prof. Dr. Michel Friedman und Dr. Felix Klein

Am Freitagabend, 31.01.2025, wurde das Kelkheimer Gedenkwochenende anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des KZs Auschwitz mit der Podiumsdiskussion „Und jetzt?“ mit dem Juristen und Publizisten Prof. Dr. Michel Friedman und dem Bundesbeauftragten für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus Dr. Felix Klein eröffnet. Mit dabei waren auch die fünf Schüler*innen des Leistungskurses Geschichte (Q1/2) des Privatgymnasiums Dr. Richter zusammen mit ihrer Lehrerin Anna Heidgen.

 

Gerade im Angesicht des politischen Bebens dieser Woche, bei dem ein CDU-Antrag zur Migrationsbegrenzung u.a. mithilfe der Stimmen der AfD erfolgreich war, und des darauffolgenden Parteiaustritts Michel Friedmans am Vortag der Veranstaltung wurde dessen Positionierung und Einordnung mit Spannung erwartet. So wurden die Schüler*innen des Leistungskurses in der eineinhalbstündigen Erörterung Zeugen, wie Michel Friedman, ein Meister der Rhetorik, erklärte, dass sich seine politische Haltung nicht in einer Partei, sondern in seinem eigenen Wirken spiegele und er keine Partei, egal wie sie heiße, höher stelle als seine moralischen Werte, für die er einstehe. Auf die Frage der Moderatorin, wie er und der Bundesbeauftragte angesichts des stetig anwachsenden Antisemitismus und allgemeiner Fremdenfeindlichkeit ihre Frustration bewältigen könnten, überzeugte Friedman mit seinem Appell, daraus nicht frustriert, sondern motiviert hervorzugehen. Diese Missstände seien sein Antrieb – und jeder Einzelne, im Plenarsaal oder in der Gesellschaft, sei ebenso dazu aufgefordert, selbstverantwortlich für Frieden und Freiheit einzustehen und nicht zu schweigen. Ohnehin war dies die Botschaft des Abends, an dem er mahnte, trotz aller Verzweiflung Zuversicht und Willen an den Tag zu legen: „Und ich würde mich freuen, wenn Sie nach Hause gehen, auf ein Schild ‚Ich finde Demokratie geil‘ schreiben und sich morgen im Stadtzentrum damit auf die Straße stellen“. Und warum dies kaum einer mache? Auch darauf hatte Friedman eine Antwort: Es provoziere mitunter unbequeme Diskussionen, und das sei anstrengend – aber lohnenswert.

Egal, ob es um die Erhaltung der wehrhaften Demokratie oder die Bekämpfung von Antisemitismus, Queer- oder Frauenfeindlichkeit gehe, erfolgreich könne dies nur geschehen, wenn ein Umdenken stattfinde: „Minderheiten können nur blühen, wenn sie für Mehrheiten nicht mehr Minderheiten sind.“ Und überhaupt brauche es einen Mentalitätswandel: „Wer stolz auf Goethe und Beethoven sein will, der muss sich auch für Hitler und Goebbels schämen.“

Zuletzt wurden auch die schockierenden Umfrageergebnisse der Jewish Claims Conference thematisiert. Friedman sieht in der Tatsache, dass für ca. 40 Prozent der 18- bis 29-jährigen Auschwitz kein Begriff sei, die Grundlage allen Übels des immer mehr aufflammenden Antisemitismus in Deutschland. Er stellte die rhetorische Frage, auf welcher Grundlage diese jungen Menschen den Antisemitismus verurteilen sollten. Dr. Klein pflichtete dem bei und ergänzte, der Schlüssel zur Behebung dieses Problems sei die Bildung und es sei an der Zeit, dass jeder Jugendliche verpflichtend ein Konzentrationslager besuche.

Für die Schüler*innen des Leistungskurses Geschichte, ihre Lehrerin Anna Heidgen und Schulleiter Dirk Wingenfeld war es ein lehrreicher Abend, der zum Nachdenken anregte. Im August 2025 wird der Leistungskurs mit der gesamten Stufe die Gedenkstätte KZ Buchenwald besuchen und auch unsere Neuntklässler*innen werden sich in der „Euthanasie“-Gedenkstätte Hadamar mit den Grauentaten der Nationalsozialisten auseinandersetzen. – Die Rolle der Bildung im Kampf gegen Antisemitismus und Geschichtsvergessenheit wird am PDR sehr ernst genommen.

Ein herzlicher Dank geht an die Stadt Kelkheim und ihren Kulturreferenten Christof Wolf für die Möglichkeit, an der Veranstaltung „Und jetzt?“ teilnehmen zu können. Bis zum Valentinstag am 14. Februar ist im Rahmen des Kelkheimer Gedenkens zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz auch noch die Ausstellung „#StolenMemory“ der Arolsen Archives auf dem Vorplatz des Rathauses zu sehen, fußläufig zwei Minuten vom PDR entfernt; kein Wunder, dass sich auch hierfür bereits interessierte Schüler*innengruppen des PDR angekündigt haben.

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